Rubrik: Cannabis

Genhanf

Genhanf ist eine populistische Bezeichnung für Cannabis-Züchtungen, die einen hohen Gehalt an THC besitzen. Diese Züchtungen haben ihre Eigenschaften nicht, wie ihr Name nahelegt, durch eine Genmanipulation erhalten, sondern durch eine gezielte Kreuzung wirkstoffreicher Sorten - also durch klassische Zuchtmethoden, wie sie bei allen Nutzpflanzen seit langem zur Anwendung kommen.

Zudem werden sie meistens unter Kunstlicht bei optimalen Wachstumsbedingungen gezogen. Der Gehalt an THC liegt bei diesen hochgezüchteten Sorten teilweise deutlich über 20 Prozent in den Blüten der weiblichen Pflanzen. Konventionelles, in Mitteleuropa angepflanztes Freilandcannabis erreicht dort dagegen einen THC-Gehalt von durchschnittlich 6 Prozent; der Wirkstoffgehalt von tropischem Freilandcannabis und Haschisch liegt etwas oberhalb dieses Wertes. Im Durchschnitt ist der THC-Gehalt der auf dem Schwarzmarkt verfügbaren Cannabisdrogen aber nur unwesentlich gestiegen, da sehr viel minderwertiges Marihuana und vor allem gestrecktes Haschisch im Umlauf ist. Die insbesondere seit Anfang 2004 in den Medien diskutierten Meldungen über einen angeblich wahlweise 20-, 30- oder gar über 50fach erhöhten THC-Gehalt gehen vermutlich auf die Untersuchungen des niederländischen Trimbos-Instituts über die Qualität der in niederländischen Coffeeshops gehandelten Sorten zurück; insbesondere seit 1999 wurde ein relativ starker Anstieg unter den in den Niederlanden angebauten Marihuanasorten registriert; im Jahr 2004 lag dieser bei 20% im Durchschnitt. Dagegen ergab eine im gleichen Jahr von der europäischen Beobachtungsstelle durchgeführte Untersuchung europaweit keinen merklichen Anstieg des THC-Gehaltes in diesem Zeitraum. Dabei wurde darauf hingewiesen, dass insgesamt sehr starke Schwankungen des THC-Gehaltes von untersuchtem Marihuana und Haschisch zu beobachten sind, denen die Konsumenten ausgesetzt sind.

Professionelle Cannabiszüchter lehnen direkte Genmanipulation ab, da sie von den Kunden nicht akzeptiert würden. Außerdem ist sie selbst bei hoher Gewinnerwartung nicht finanzierbar. In den 70er-Jahren gab es einige Versuche mit dem giftigen Colchicin, welches mutagen (das heißt genverändernd) wirkt. Diese waren aber nicht erfolgreich, da es die Samen eher getötet hat und weiterhin nicht die gewünschten Eigenschaften auftraten.

Laut den italienischen Forschern Tito Schiva und Saverio Alberti ist Hanf sogar gegen Genmanipulationen resistent. So heißt es in dem Artikel "Das Leuchten der Blumen" der Sonntagszeit (HNA) Nr. 7 vom 17. Februar 2002, Seite 12: »Ziel der Studien war ursprünglich die Herstellung von handelsüblichem Hanf, der von unerlaubten Rauschmittelsorten zuverlässig unterschieden werden sollte. Doch erwies sich ausgerechnet Hanf gegen eine Genmanipulation resistent.«

Legendenbildung

Cannabisprodukte mit erhöhtem THC-Gehalt sind entgegen der allgemeinen Darstellung in den Medien nicht grundsätzlich als gefährlicher einzuschätzen als weniger THC-reiches Marihuana oder Haschisch, da bis zum Eintreten des gewünschten Rauschzustands weniger konsumiert (d.h. geraucht) werden muss und es dadurch zu einer geringeren gesundheitlichen Belastung der Atemwege und der Lunge kommt. Beim Rauchen lässt sich die Wirkung im Allgemeinen recht gezielt dosieren. Gefahren zeigen sich am ehesten bei Personen, die wenig Erfahrung mit der Droge haben und unter Umständen Horrortrip-artige Zustände aufgrund der ungewohnt starken Wirkung entwickeln können.

Die Deutsche Hauptstelle für Suchtfragen e.V. (DHS) teilt am 24. November 2004 mit: »61% der gegenwärtig sichergestellten Haschisch-Proben weisen laut BKA einen seit den 60er Jahren üblichen THC-Gehalt von 0?8% auf. Höhere THC-Gehalte als 18% werden in weniger als 1% aller Proben festgestellt. Die Daten für Cannabis-Kraut sind ähnlich. Gegenüber den Vorjahren zeigen sich laut BKA keine nennenswerten Veränderungen der THC-Gehalte. Die gegenwärtig oft angeführten Züchtungen mit extrem hohen THC-Gehalten sind also extrem selten. Auf die Entwicklung der Konsumentenzahlen werden sie daher kaum Auswirkungen haben.«

Literatur

Niesink et. al.: THC-concentraties in wiet, nederwiet en hasj in Nederlandse coffeeshops (2003-2004), Uitgave Trimbos-instituut, Utrecht 2004.

L.A. King et. al.: An overview of cannabis potency in Europe (EMCDDA Insights # 6), European Monitoring Centre for Drugs and Drugs Addiction, Lissabon/ Luxemburg 2004.

Weblinks