Rubrik: Nikotinsucht

Rauchfetischismus

Als Rauchfetischismus bezeichnet man eine Form des Fetischismus, die das Tabakrauchen in Form von Zigaretten, Zigarren, seltener auch Pfeifen im Blickfeld hat. Betroffen sind meist heterosexuelle Männer, darunter auch viele Nichtraucher; auch Homosexuelle oder Bisexuelle interessieren sich für diese Form des Fetischismus, bilden jedoch offensichtlich eine Minderheit.

Rauchfetischisten (als Beispiel heterosexuelle) empfinden den Anblick rauchender Frauen als sexuell erregend und/oder als kulturell ästhetisch, wobei die Stärke dieser Empfindung variiert. Eine offizielle psychologische Begründung für den Rauchfetischismus ist bislang noch nicht gefunden worden, im privaten Kreis gibt es jedoch bereits Thesen, die durch Selbstanalyse von Betroffenen erstellt wurden. Eine genauere wissenschaftliche Untersuchung des Phänomens steht also noch aus.

Durch Zunahme von Anti-Rauch-Kampagnen (vgl. Weltnichtrauchertag) wird das Rauchen mehr und mehr zu einer Regelübertretung oder einem Tabu; erotisierte Bilder von rauchenden Frauen gewinnen möglicherweise einen Teil ihrer Ausstrahlung dadurch, dass sie den Bruch eines solchen Tabus darstellen. Eine andere mögliche Ursache des Rauchfetischismus könnte die erotisierte Position der rauchenden Frau in älteren Epochen sein, wie Darstellungen aus älteren Filmen zeigen, insbesondere aus der Zeit des Film Noir.

Verbreitung und soziale Stellung

In den letzten Jahren wird der Rauchfetischismus in den westlichen Kulturen zunehmend für sozial inakzeptabel gehalten, wahrscheinlich wegen der schwindenden Akzeptanz des Rauchens selbst. Aus diesem Grund bekennen sich Anhänger des Rauchfetischismus oft nur ungern dazu, weshalb seine tatsächliche Verbreitung in der Gesellschaft nicht exakt geschätzt werden kann. Er scheint jedoch in allen Kulturen vorzukommen, wie einschlägige Web-Angebote aus Asien, Nord- und Südamerika sowie Europa zeigen.

Kultur und Geschichte

Aufgrund der schätzungsweise relativ geringen Verbreitung des Rauchfetischismus war dieses Phänomen vor dem Aufkommen des Internets weitgehend unbekannt. Dann trafen sich Anhänger des Fetischs jedoch online, tauschten oder verkauften Bilder rauchender Frauen, Kurzgeschichten, berichteten von Beobachtungen (sog. "Sightings") oder diskutierten einfach ihre Faszination in Foren. Einige der ersten Newsgroups zu diesem Thema waren alt.smokers.glamour (kurz ASG) und alt.sex.fetish.smokers (ASFS). Zusätzlich zu solchen freien Adressen, die oft eingescannte Bilder aus Zeitschriften oder eigene Schnappschüsse anbieten, sind inzwischen zahlreiche kommerzielle Internet-Angebote entstanden, bei denen man Videos von Fotomodellen, die vor der Kamera rauchen, erwerben kann.

Generell ist die Ausprägung des Rauchfetischismus an sich so differenziert, dass auch die im Internet anzutreffenden Angebote in ihrem Inhalt stark variieren. Während man auf einigen Websites Bilder und Videos von nackten oder sogar nackten schwangeren Raucherinnen finden kann, fokussieren sich andere beispielsweise auf möglichst kreative Arten des Rauchens und auf die optimale Darstellung der Persönlichkeit einer Raucherin. Allgemein kann man festhalten, dass die Angebote so differenziert sind wie der Fetisch selbst und aus diesem Grunde kein spezieller Phänotyp des Rauchfetischismus genannt werden kann, sondern allenfalls Charakteristika, die von der Mehrheit aller Betroffenen geteilt werden.

Arten des Rauchfetischismus

Der Begriff "Rauchfetischismus" ist ein Oberbegriff für verschiedene Arten des Fetischismus, die mit dem Rauchen in Zusammenhang stehen. Grob gesehen lassen sich jene Arten, zumindest zum größten Teil, in ein duales System einteilen.

Light Side

Einige, aber nicht alle Fetischisten teilen eine Faszination für die gemeinhin als positiv betrachteten Seiten des Rauchens (Entspannung, Wohlbefinden, Ästhetik, soziale Aspekte etc.); diese Stilrichtung bezeichnet man oft als "helle Seite" (Light Side). Die negativen Konsequenzen, die sich aus dem Rauchen ergeben (Abhängigkeit [in der Mehrzahl der Fälle chronisch], gesundheitliche Beeinträchtigungen jedweder Form, veränderter Geruch, Kosten etc.), werden von den Anhängern jener Art bewusst verharmlost und/oder als sexuell unattraktiv empfunden. Einige Betroffene tun sogar so, als sei das Rauchen gesund, zumindest aber kaum schädlich. Praktiken sind vor allem als sinnlich empfundene Rauchtechniken, beispielsweise das Ziehen des Rauches vom Mund in die Nase ("French Inhale"), oder das Übertragen von Rauch beim Küssen ("Smokey Kisses"), zum Teil auch während des Geschlechtsaktes.

Dark Side

Auf der anderen Seite gibt es Fetischisten, welche die süchtig machenden Eigenschaften des Nikotins und den gesundheitsschädigenden Aspekt des Rauchens erotisierend finden, und so gibt es eine Art des Rauchfetischismus, oft die "dunkle Seite" (Dark Side) oder "Lungenschädigung" genannt, die sich mit Frauen beschäftigt, die durch das Rauchen beeinträchtigt sind und sich selbst (oder gar ihr zukünftiges Baby) schädigen. Auch das sogenannte "Forced Smoking", bei dem andere Personen (meist Nichtraucher) zum Rauchen gezwungen werden, gehört in diese Kategorie. Husten und zum Teil auch Atemnot werden als erregend empfunden, bei betroffenen Rauchern oft auch bei sich selbst. Viele Betroffene rauchen absichtlich sehr viel, um diese Wirkung zu verstärken, oder empfinden es als erregend, wenn eine andere rauchende Person dies tut. Es gibt entsprechende Praktiken, wie zum Beispiel das Rauchen von Zigarren auf Lunge oder das Zweckentfremden von Gasmaksen, wobei der Filter entfernt und durch Zigaretten oder Zigarren ersetzt wird, die typisch für die "Dark Side" sind.

Die Beziehung dieser zwei Arten zueinander

Generell empfinden Anhänger der "Light Side" die Praktiken der "Dark Side" als abstoßend und umgekehrt; die Begriffe an sich spiegeln die Gegensätzlichkeit dieser zwei Arten des Rauchfetischismus deutlich wider. Im Übrigen wird vermutet, dass jene zwei Begriffe ursprünglich aus einer Anspielung auf die "helle" bzw. die "dunkle Seite der Macht" (referenzierend auf die Star Wars-Filme) heraus entstanden sind. Zurzeit herrscht Uneinigkeit darüber, ob sich ausnahmslos alle Praktiken des Rauchfetischismus in dieses zweigleisige Strukturschema einordnen lassen oder ob es "Grauzonen" gibt.

Rauchfetischistische Präferenzen

Das Hauptaugenmerk der Fetischisten unterscheidet sich oft von Person zu Person und scheint sehr individuell geprägt zu sein: Während viele besonderen Wert auf das tiefe Inhalieren des Rauchs in der Lunge (Inhale) und das anschließende Ausatmen (Exhale) legen - wobei lange, gerade Ausblaspraktiken scheinbar bevorzugt werden -, achten andere auf eventuelle "Tricks", die von der rauchenden Person praktiziert werden, beispielsweise "Snap Inhales" oder "Smoke Rings". Auch das reine laszive Posieren mit einer Zigarette vor der Kamera (z.B. mit Handschuhen oder Zigarettenspitze) löst bei vielen der Betroffenen zum Teil heftige sexuelle Reaktionen aus, deren Intensität jedoch stark von den persönlichen Präferenzen abhängt; ähnlich wie bei gewöhnlichen sexuellen Vorlieben scheinen die Geschmäcker auch hier verschieden zu sein.

Beispiele für jene Präferenzen

Nicht jeder Rauchfetischist achtet demnach auf dieselben Dinge wie andere, die ebenfalls den Fetisch teilen. Dennoch gibt es gewisse, immer wieder antreffbare Aspekte, die offensichtlich von vielen Rauchfetischisten als sexuell erregend bzw. ästhetisch empfunden werden. Als Beispiele:

Geschlecht der rauchenden Person

Hier zeichnet sich eindeutig eine Vorliebe für rauchende Frauen ab, vermutlich wegen des hohen Anteils an heterosexuellen Männern unter den Fetischisten.

Alter der rauchenden Person

Häufig sind junge Frauen im Alter von schätzungsweise sechzehn bis fünfundzwanzig Jahren anzutreffen, seltener ältere oder jüngere. Es wurde beobachtet, dass die Prägung auf das jeweilige Alter häufig unabhängig vom Alter des Rauchfetischisten erhalten bleibt. Es soll jedoch auch Fälle geben, bei denen sich das bevorzugte Alter durch den Alterungsprozess des Betroffenen gewissermaßen "mitverschiebt".

Typ des Rauchutensils

Zigaretten werden meist bevorzugt, es gibt jedoch auch Fetischisten, die auf Zigarillos oder Pfeifen fixiert sind.

Länge (bei länglichen Rauchutensilien)

Längere Rauchutensilien bzw. Marken (beispielsweise Marlboro 100s oder Eve 120s) werden, wahrscheinlich wegen der ihnen zugrundeliegenden femininen Assoziationen, von vielen Rauchfetischisten bevorzugt.

"Light Side" oder "Dark Side"

Soweit das angesprochene duale Kategoriensystem als gültig betrachtet werden kann, scheint sich die Mehrheit aller Fetischisten zur "Light Side" zu bekennen. Es gibt jedoch kein starre Grenze, denn bedingt durch die vielen individuellen Aspekte, die den Rauchfetisch ausmachen, kann ein "Light Side"-Fetischist durchaus die eine oder andere Praktik aus der "Dark Side" bevorzugen, oder umgekehrt.

Abhängigkeit der rauchenden Person

Manche Rauchfetischisten fühlen sich zu Personen hingezogen, die offen ihre Abhängigkeit hinsichtlich des Rauchens zeigen oder - im Gegensatz dazu - versuchen, sie zu verstecken. Viele Fetischisten, die sich zur "Light Side" bekennen, schenken diesem Aspekt jedoch nicht besonders viel Beachtung. Anders verhält es sich hinsichtlich der "Dark Side", wo das Verhältnis in etwa umgekehrt zu sein scheint.

Starker Konsum

Dieser Aspekt ist vor allem im Bereich der "Dark Side" (s.o.) weit verbreitet, aufgrund der schätzungsweise stärkeren Verbreitung der "Light Side" scheint die Mehrheit aller Rauchfetischisten jedoch einen nicht allzu hohen Konsum zu bevorzugen.

Zigarettenspitzen (sog. "Holder")

Diese Utensilien, die aufgrund ihres glamourösen Eindrucks oft in älteren Filmen gezeigt wurden, scheinen von vielen Fetischisten gern gesehen zu werden; eine direkte Prägung auf genau diesen Aspekt ist jedoch seltener anzutreffen.

Marken

Fast alle Fetischisten sind dabei interessanterweise auf die Marke Marlboro fixiert; man vermutet, dass die soziale Prägung der Betroffenen durch das Image dieser Marke hierbei eine Rolle spielt.

Rauchtechnik

Dies bezeichnet eine Fixierung auf eine bestimmte Art, zu rauchen. Bevorzugt werden meist Techniken, bei denen der Rauch vom Beobachter aus gut sichtbar ist, bevor er von der rauchenden Person inhaliert wird. Es existiert ein breites Spektrum an unterschiedlichsten Techniken; gerne gesehen werden oft "French Inhales" (den Rauch vom Mund aus durch die Nase einatmen, früher oft "Aufzug" genannt) und "Snap Inhales" (Hinunterschlagen der Zunge beim Inhalieren, so dass ein wenig Rauch den Mund verlässt) zusammen mit dem Inhalieren des Rauches bei leicht geöffnetem Mund und anschließendem Hinausblasen.

"Pregnant Smoking"

Eine vergleichsweise sehr spezielle Variante des Rauchfetischs; betroffene Personen finden den Anblick des Rauchens während der Schwangerschaft erotisch. Der größte Anteil aller Rauchfetischisten teilt diese Vorliebe nicht.

Eventuelle Verstärkung der eigenen Abhängigkeit durch den Fetisch

Rauchfetischisten, die selbst rauchen, fällt es generell noch schwerer, mit dem Rauchen aufzuhören als nicht vom Fetischmismus Betroffenen, da bei ihnen nicht nur die Nikotinsucht, sondern auch der Rauchfetisch ursächlich für das Rauchverlangen sein kann.

Rauchfetischismus und Ephebophilie

Im Rauchfetischismus werden Elemente von Ephebophilie vermutet, da ein großer Teil der darauf bezogenen Literatur davon handelt, wie ein Teenager mit dem Rauchen anfängt ? fast immer ein Mädchen, das vom angewiderten Nichtraucher zum hoffnungslos abhängigen Raucher wird. Ob diese Vermutung stimmt, ist strittig, weil die meisten Raucher tatsächlich im jugendlichen Alter angefangen haben und somit eine deutliche Unterscheidung zwischen Ephebophilie und den persönlichen Präferenzen eines Fetischisten nicht möglich ist. Sollte die oben genannte Vermutung zutreffen, so trifft sie wahrscheinlich nicht auf alle Rauchfetischisten zu, da ein Teil der Betroffenen - meist Erwachsene - gleichwohl erwachsene Raucherinnen bevorzugt, wie einschlägige Blogs, Forenbeiträge, Stories, Bildergallerien und Abhandlungen über das Thema zeigen. Im Gegensatz dazu scheinen Rauchfetischisten im jugendlichen Alter ebenfalls jugendliche Raucherinnen zu bevorzugen.

Die Ästhetik des Rauchens

Dieser Aspekt zeigt ein interessantes Phänomen auf: In der Tendenz wirkt das beim Rauchfetisch umworbene Objekt, der Rauch, wie eine Art Verstärker für das persönliche Schönheitsempfinden. Eine vormals attraktive Person wird durch das Rauchen für den Fetischisten noch (viel) attraktiver, eine im Vorfeld als unattraktiv empfundene Person verliert durch den Akt des Rauchens aus der Sicht des Fetischisten nur noch (viel) mehr an Attraktivität. Eine vormals uninteressante, da als mäßig attraktiv angesehene Person wird durch das Rauchen auch nur unwesentlich interessanter, rückt allenfalls kurzzeitig verstärkt ins Blickfeld des Fetischisten.

Die Schädlichkeit des Rauchens

Über diesen Aspekt ist sich sicherlich jeder Fetischist bewusst, jedoch gehen die einzelnen Betroffenen auf ganz unterschiedliche Art und Weise damit um: Während sich einige darin üben, irgendwie einen Spagat zwischen ihrem Rauchfetisch und ihren abwertenden Gefühlen (die vor allem bei Nichtrauchern stark ausgeprägt sind, was in der Natur der Sache liegt) hinsichtlich des Rauchens hinzubekommen, haben sich andere auf die schädlichen Aspekte des Rauchens fixiert, versuchen sogar, sie zu verstärken und besonders zu betonen bzw. hervorzuheben (vgl. "Dark Side").

Siehe auch