Rubrik: Sucht

Missbrauch von Benzodiazepinen

Der Missbrauch von Benzodiazepinen stellt eine besondere Form der Sucht dar. Diese Benzodiazepine, bekannt unter den verschiedensten Bezeichnungen, wie beispielsweise Tranquase®, Tranxilium® und allen voran Valium®, beziehungsweise andere Diazepam-Präparate, wie auch von den verschiedensten pharmazeutischen Unternehmen, wie Stada, Ratiopharm oder Bayer AG wirken stimmungsaufhellend, beruhigend, einschläfernd, krampf- und auch angstlösend.

Sie sind - bei regelmäßiger Einnahme, selbst in kleiner täglicher Dosierung - bereits nach spätestens sechs Wochen mit einem Abhängigkeitspotential behaftete Medikamente. Dieses Abhängigkeitspotential hängt auch von der körperlichen Verfassung, Lebensweise und Ernährung ab. Allerdings spielen diese Punkte eher eine unbedeutende Rolle und werden in ihrem Einfluss immer wieder überschätzt, was dazu führt, dass Personen auch ihre eigene Gefährdung unterschätzen.

Der Wert der Benzodiazepine für die Behandlung verschiedener Krankheiten entsprechend der vom Hersteller beschriebenen Anwendung bezüglich Dauer und Art ist unumstritten, doch rangiert der Missbrauch gerade dieser nicht selten mit verheerenden Folgen behafteten Medikamentengruppe nicht nur in der Drogenszene auf hohem Niveau.

Der Einstieg in die Abhängigkeit geschieht schleichend, indem das entstehende, anscheinend Probleme lösende Wohlgefühl Tag für Tag genossen wird. Schon nach ca. zwei Monaten Konsum treten die ersten Entzugserscheinungen auf, wenn auch noch auf niedrigem Niveau in Form von leichtem Zittern, Unbehagen und merkbarer Unsicherheit, was die Notwendigkeit des vorsichtigen Umgangs mit Diazepam und seinen Derivaten verdeutlicht.

Die diesem anfänglichen Missbrauch gegenüberstehende wirkliche Abhängigkeit im privaten wie dem Bereich der Drogenszene stellt sich beängstigend dar. Der früher praktizierten Form, leicht lösliche Diazepine, wie zum Beispiel einst von der Firma Stada, zur Zubereitung eines Cocktails (Aufkochen auf einem Löffel Wasser, Ascorbinsäure, Heroin und Diazepam) zu nutzen, wurde diesem weitestgehend Einhalt geboten, indem diese Tabletten mit einer Art kunststoffähnlicher Ummantelung versehen wurden. Mittlerweile wird vorwiegend ein Präparat von Ratiopharm als 10 Milligramm Dosierung zer- oder unzerkaut geschluckt bevorzugt.

Das Übel wie bei jeder Droge ist, dass es normalerweise nicht bei dieser Einzeldosis bleibt, sondern zum Eintritt der gewünschten Wirkung eine Dosissteigerung erforderlich wird. Je nach Suchtpotential des Konsumenten übersteigen Tagesmengen oft 100 mg. Das Absetzen des Diazepins nach längerem, über teils Jahre dauerndem Konsum in dieser Menge hat häufig katastrophale Auswirkungen.

Entzug und Entzugerscheinungen

Erfahrene Abhängige (Szeneslang: User) reduzieren bei standhaftem Entzugswillen je halbes Jahr 0,5mg, was allein bei 100mg eines zeitlichen Rahmens von zehn Jahren bedarf.

Ein kalter Entzug oder eine radikale Dosisreduzierung rufen ernste körperliche Emtzugserscheinungen hervor, die von leichtem Zittern bis hin zu physischem Kontrollverlust über die Extremitäten und Kopfbewegungen und zu psychischem Kontrollverlust (sogenannter schwebender Verstand) mit Artikulations- und Konzentrationsverlust führen.

Neurologisch wird der völlige Zusammenbruch des Nervensystems bis zum Kollaps mit Tränen, Zucken, Zittern, keinen klaren Gedanken fassen können, keine vernünftigen, zusammenhängenden Sätze aussprechen können und nicht mehr Herr einer greifbaren Psyche zu sein, durchlebt. Hinzu kommen teils paranoide, teils nicht greifbare Angstattacken, denen man unausweichlich ausgeliefert ist.

Als bleibender Schaden eines hochgradigen Diazepamkonsums, insbesondere in Verbindung mit einer Alkoholkrankheit, ist die Entstehung einer Polyneuropathie und ein fortwährender Muskelschwund, der auch ohne weitere Alkoholzufuhr, allerdings bei weiterer Diazepameinnahme voranschreitet.

Hat man dieses Stadium des Entzugs erreicht, das bereits nach wenigen Tagen eintritt, sobald der Körper die Substanz vollständig abgebaut hat, ist zwangsweise der Rückfall und somit Abbruch jeglicher Entgiftung, ob stationär oder ambulant, geboten, da ansonsten die Möglichkeit komatöser Folgen besteht.