Rubrik: Alkohol

Fetales Alkoholsyndrom

Das fetale Alkoholsyndrom (FAS), auch als Alkoholembryopathie (AE) bezeichnet, ist die Schädigung eines Fötus durch von der schwangeren Mutter aufgenommenen Alkohol. Mit dem Ausdruck fetale Alkoholeffekte wird eine minderschwere Form des FAS bezeichnet.

Wird ein Embryo (bis zur 9. Schwangerschaftswoche) oder Fetus (ab der 9. Schwangerschaftswoche) während seiner Entwicklung Alkohol und Alkoholabbauprodukten ausgesetzt, so wird er nicht nur in seiner Entwicklung gehemmt, sondern erfährt in Abhängigkeit von Reifestadium, Alkoholmenge und individueller Disposition weitere körperliche Entwicklungsschädigungen. Diese nachgeburtlich diagnostizierbaren Schäden in ihrem Gesamtbild fasst man unter den Begriffen fetale Alkoholeffekte (bei minderschweren Fällen) bzw. fetales Alkoholsyndrom (beim Vollbild) zusammen.

Der ICD10-Code O35.4 wird angegeben bei der Betreuung der werdenden Mutter bei (Verdacht auf) Schädigung des ungeborenen Kindes durch Alkoholkonsum.

Geschichte

Das FAS wurde (obwohl sicherlich so alt wie der Alkoholkonsum selbst) als Entwicklungsstörung infolge von Alkoholkonsum während der Schwangerschaft erstmals 1968 durch P. Lemaine in Frankreich beschrieben, 1973 erneut in den USA durch K. L. Jones und D. W. Smith. Die diagnostischen Kriterien sind seit dem im Wesentlichen unverändert das Auftreten einer Mehrzahl von typischen körperlichen, kognitiven und mentalen Entwicklungsstörungen.

Ursache

Alkohol gehört zu den (Gift-)Stoffen, welche die Plazentaschranke (eine die Kreisläufe von Mutter und Kind trennende Membran) durchdringen können. Da ein Embryo keine und ein Fetus nur geringe eigene Möglichkeiten zum Abbau von Alkohol hat, ist er diesem Zellgift in besonderem Maße ausgesetzt.

Hinsichtlich eines tolerablen Alkoholkonsums der Mutter während der Schwangerschaft gibt es keine gesicherten Aussagen. Neben Studien, die einen geringen Alkohokonsum als nicht signifikant schädigend bewerten gibt es Feststellungen, nach denen selbst bei nur einmaligem größerem Alkoholkonsum bereits Fehlgeburten auftraten. Es muss zur Zeit davon ausgegangen werden, dass jeder Alkoholkonsum ein grundsätzliches Risiko darstellt und keine Grenze benannt werden kann, unter der Alkoholkonsum in der Schwangerschaft mit Sicherheit keine Schädigung des Kindes nach sich zieht.

Der Alkoholkonsum des Vaters spielt hinsichtlich der Entwicklungsstörungen nach den bisherigen Studien keine Rolle. Dies lässt sich auch daraus ableiten, dass FAS keine genetische bedingte Fehlbildung ist, sondern eine Vergiftung während der Schwangerschaft. Hinsichtlich der nachgeburtlichen familiären Situation hat er - wie der weitere mütterliche Alkoholkonsum auch - für die Förderung des Kindes negative Auswirkungen.

Entwicklungsstörungen

Die Vergiftung des ungeborenen Kindes mit Alkohol führt zu unterschiedlichen Entwicklungsstörungen in Abhängigkeit vom Reifungsstadium:

Im ersten Trimester

Der Embryo zeichnet sich im ersten Trimester durch die Entwicklung der grundlegenden Organanlagen aus. Dementsprechend tiefgreifend sind die Schädigungen, die in dieser Zeit erfolgen:

Im zweiten Trimester

In diesem Zeitraum ist die größte Gefahr bei mütterlichem Alkoholkonsum eine Fehlgeburt. Weiterhin kommt es zu:

Im dritten Trimester

In dieser Zeit wächst der Fetus körperlich und kognitiv zur Geburtsreife. In dieser Zeit besteht die Gefahr von:

Krankheitsbild

Körperlich

Kinder mit FAS weisen häufig mehrere Fehlbildungen aus einer Liste möglicher korrespondierender Fehlbildungen auf. Dies sind:

Kognitiv

Diagnose

FAE beziehungsweise FAS wird in der Mehrzahl der Literatur nach folgenden Kriterien diagnostiziert:

FAE (FAS Grad I-II)

  1. Der Alkoholkonsum der Mutter muss gesichert sein
  2. Es müssen zwei der drei FAS-Kriterien vorliegen

FAS (Vollbild)

Folgende drei Hauptkriterien müssen vorliegen:

  1. Vor-/nachgeburtliche Wachstumsstörungen (Dystrophie)
  2. Störungen des Zentralnervensystems
  3. Gesichtsveränderungen (geschrägte Lidachsen, schmales Lippenrot, hypoplastisches Philtrum, etc.)

Folgen

Kinder mit FAS entwickeln sich körperlich durchaus weiter, in Studien konnte festgestellt werden, dass sich die körperlichen Hypoplasien während des Wachstums etwas zurückentwickelten.

Im kognitiven Bereich konnte dies nicht festgestellt werden. Die überwiegende Anzahl der FAS-Kinder weist eine kognitive Behinderung auf und kann lediglich eine Hauptschule oder teils nur eine Sonderschule absolvieren. Hierbei hat auch eine optimale Förderung von Kindern, die zu Pflegeeltern kamen, keine weiteren Entwicklungserfolge gezeigt. Mentale und soziale Defizite konnten nicht beseitigt werden, die Kinder benötigen ein einfach strukturiertes klares Umfeld, um nicht überfordert zu werden.

Literatur

Weblinks